First slide
 
 
 
 
Das hochsensible Kind und der Medienkonsum

 

Fernsehen

Noch nie gab es so viele Möglichkeiten der medialen Ablenkung wie heute. Langeweile, die oft der Ausgangspunkt für eigene Gedanken, Träume, Ideen und Initiativen ist, wird meist nicht zugelassen, sondern sofort durch den Konsum von medialer Unterhaltung unterdrückt. Das Resultat ist allerdings gar nicht selten wieder Langeweile, die dann zu noch mehr Medienkonsum anregt und leider die Entwicklung eigener Kreativität im Keim erstickt. Mediale Reize verleiten zu Passivität. Die Zeit, die für den Medienkonsum aufgewendet wird, steht nicht mehr für eigene Aktivitäten, für Spiel, Bewegung und soziale Kontakte zur Verfügung.

Hochsensible Kinder werden in Bezug auf Medienkonsum genau an der Stelle getroffen, an der sie sich von anderen unterscheiden: in ihrer Art der Reizaufnahme und Reizverarbeitung. Sie werden von solchen Reizen noch viel stärker überflutet und sind ihnen noch mehr ausgeliefert als normal sensible Kinder. Hochsensible nehmen Eindrücke einfach viel intensiver wahr. Deshalb ist es für sie besonders wichtig, dass sie diese auch wirklich vollständig verarbeiten können.

Schauen sich hochsensible Kinder eine Fernsehsendung nur zum Zeitvertreib an und haben wenig oder gar kein Interesse am Inhalt, so kommt es zu einem Energieverlust. Es fließt keine Energie zurück. Eine belebende Wechselwirkung kann nur dann entstehen, wenn persönliches Interesse vorhanden ist. Ein Beispiel: Wenn ein Kind Pferde über alles liebt, sich eine Sendung über Pferde ansieht, einiges über die Lieblingstiere dazu lernt und nach der Sendung ganz begeistert ist, so hat es auch etwas zurück bekommen und der Energiehaushalt sollte ausgeglichen sein.

Eine schöne Möglichkeit wäre, mit dem Kind über den Inhalt des Gesehenen zu sprechen, so hat es auch Gelegenheit, selbst Fragen zu stellen, den Film noch besser zu verarbeiten, noch besser zu verstehen und einzuordnen. Gleichzeitig können Sie erkennen, ob es wirklich Interesse an der Sendung hatte oder nur die Zeit totschlagen wollte.

Der größte Energieverlust tritt übrigens ein, wenn das Kind beim Fernsehen hin-und her zappt. Nach etwa einer halben Stunde ist es energetisch ausgebrannt.

Wie kann man als Elternteil nun vorgehen? Das Fernsehen bietet die Gelegenheit, einen bewussten Umgang mit den Medien zu lernen. Ein Totalverbot bringt meist nichts, damit macht man es nur noch interessanter. Die Fernsehzeit zu begrenzen und in konstruktive Bahnen zu lenken, wäre sehr sinnvoll. Man könnte mit dem Kind besprechen, welche Sendungen es anschauen darf, sowohl informative, die den Horizont erweitern, als auch solche, die einfach nur Spaß machen. Legen Sie Zeit und Sendungen gemeinsam mit dem Kind fest. Wichtig dabei ist immer, dass die Sendungen einen energetischen Zugewinn bringen.

Wichtig wäre ebenfalls, die Zeit vor dem Fernseher in Beziehung zu setzen zu der Zeit, die mit aktivem Spielen, mit Bewegung und mit anderen Kindern verbracht wird. Die Zeit vor dem Fernseher sollte natürlich deutlich darunter liegen.

Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass die Vorbildwirkung einerseits, aber auch die Fähigkeit, sich mit Dingen oder Inhalten zu beschäftigen, die einen wirklich interessieren, das Thema Medienkonsum in den Hintergrund treten lässt. Wird in einer Familie der Fernseher tagsüber gar nie eingeschaltet, so übernehmen die Kinder das meist und fragen weniger danach. Ebenso, wenn sie daran gewöhnt sind, am Nachmittag mit anderen Kindern oder auch alleine zu spielen, im Garten herumzutollen, Sport zu betreiben oder sich eben mit etwas zu beschäftigen, das sie gerade interessiert.

Eine kleine Übung kann vielleicht dabei helfen, zu erkennen und zu erspüren, ob Fernsehen oder auch eine andere Tätigkeit dem Kind Energie schenkt oder raubt:

Wie wirkt das Fernsehen auf das Kind? Wie ging es ihm, bevor es sich zum Fernseher gesetzt hat und wie danach? Es geht hier vor allem um die körperliche Befindlichkeit, da der energetische Zustand eines Menschen am besten über den Körper wahrgenommen werden kann.

Sie können Ihr Kind fragen: „Wie viele Bäume könntest du jetzt ausreißen?“ Aber auch: „Wie viele Bäume konntest du vor der Sendung ausreißen?“ Diese Frage kann man natürlich auch in Bezug auf andere Bereiche stellen.

Mit der Zeit lernt das Kind, seine Energie bewusst wahrzunehmen und gut mit ihr umzugehen.

 

 

Computerspiele

Man sollte die Wirkung von Computerspielen grundsätzlich nicht unterschätzen. Wie beim Fernsehen ist die Wirkung auf Hochsensible wesentlich stärker und intensiver und kann zu großen Energieverlusten führen. Beim Computerspielen kommt es zu einem festen, sich ständig wiederholenden Ablauf im Gehirn: Reiz, Reaktion, ein Gefühl der Belohnung. Durch dieses Gefühl kann sogar eine Sucht entstehen. Aber auch Persönlichkeitsveränderungen sind möglich, wie z.B. ein Abstumpfen der Gefühle, der Verlust von sozialer Empathie und zunehmende Isolierung. Ein hochsensibles Kind kann dadurch Fähigkeiten, die es anderen vielleicht voraushat, verlieren.

Deshalb auch hier: statt eines Totalverbotes lieber das Interesse des Kindes in andere Bahnen lenken. Vielleicht möchte es einem bestimmten Hobby,… nachgehen. Als Elternteil kennt man ja die Vorlieben seines Kindes. Sobald das Kind die Möglichkeit bekommt, seinen Interessen nachzugehen, sind Fernseher und Computer weniger interessant.

Da kein hochsensibler Mensch wie der andere ist, möchte ich noch kurz auf die Kinder eingehen, die mit den zusätzlichen Reizen, verursacht durch Medienkonsum, schwer bis gar nicht umgehen können. Deshalb ist es immer von Vorteil, das Kind zu beobachten und sich nach seinen Signalen zu richten. Zieht es sich völlig in sein Schneckenhaus zurück und ist es kaum ansprechbar? Ist es überdreht und überaktiv? Beide Verhaltensweisen können darauf hindeuten, dass so etwas wie ein „Reizverarbeitungsstau“, ein „Datenstau“, vorliegt. Das heißt, die Kinder haben Reize noch nicht verarbeitet, z.B. die vom Vormittag von Schule, Kindergarten,…Für sie wäre jetzt jede Art der zusätzlichen Berieselung zu viel. Für sie wäre es am besten, wenn am Nachmittag kein Radio, kein Fernseher, kein Computer laufen würde. Sie brauchen Stille, viel Natur, vielleicht Tätigkeiten wie ruhiges Basteln,…Auch zusätzliche Beschäftigung am Nachmittag in Kindergruppen mit vielen Kindern ist meist schon zu viel. Für diese Kinder ist weniger mehr. Deswegen sind sie keinesfalls Eigenbrötler oder Außenseiter. Sie sind wie sie sind und das ist gut so. Jedes Kind darf auf seine Weise die Welt entdecken und wir dürfen lernen, jedes Kind so anzunehmen wie es ist.

 

Literaturempfehlung: Rolf Sellin  „Mein Kind ist hochsensibel – was tun?“